Standorttreue und Mikrohoming von Bachforelle (Salmo trutta fario) und (Leuciscus cephalus) in Fliessgewässern
Die Fliessgewässer der Schweiz haben in den vergangenen Jahrzehnten stark unter dem anthropogenen Druck gelitten. Eingriffe zwecks Hochwasserschutz, Landgewinnung und
Stromerzeugung haben dazu geführt, dass viele Habitate zerstört wurden und die longitudinale Konnektivität entlang von Fliessgewässerkorridoren nicht mehr gewährleistet ist. Viele aquatische Organismen, allen voran die Fische, sind jedoch auf gesunde Habitate und durchgängige Fliessgewässer angewiesen. Heute wird vermehrt versucht, Migrationshindernisse wie Schwellen und Wehre zu entfernen und durch Rampen zu ersetzten, um den Fischen und anderen Organismen die Möglichkeit zurückzugeben, sich frei in den Gewässern zu bewegen. Ob solche Rampen jecloch wirklich funktionieren, ist oft nicht bestätigt worden. Eine Studie im Rahmen einer Dissertation soll mit Hilfe von Translokationsexperimenten klären, inwiefern solche Rampen für Fische durchgängig sind. Für Erfolgskontrollen von Rampen ist es sinnvoll, zu wissen, ob Fische nach Translokationen an die ursprünglich besetzten Stellen im Gewässer zurückkehren und welche Faktoren die Rückkehr beeinflussen. Zudem ist abzuklären, wie stark Fische in einem Gewässer an ihren Standort gebunden sind und nach einer Translokation (Hochwasser, Verfrachtung durch Menschen) wiederum exakt an diesen Ort zurückkehren.
An zwei kleinen Fliessgewässern (Rykenbach und Ron) im Kanton Luzern wurde die Standorttreue und das Mikrohoming (die Rückkehr von Fischen an die vormals besetzte Position) an Bachforellen (Sa/mo trutta fario) und Alet (Leuciscus cepha/us) untersucht. Als inverses Mass für die Standorttreue wurde die lineare Grösse der Homeranges berechnet. Zur Ermittlung der Homerangegrösse wurden die Fische individuell markiert und mit Elektrobefischungen wiederholt gefangen. Bei den Bachforellen konnte festgestellt werden, dass mit zunehmender Fischlänge die Grösse der Homeranges signifikant abnahm. Bei den Alet jedoch nahm die Grösse der Homeranges mit zunehmender Fischlänge signifikant zu. Um das Mikrohoming zu untersuchen, wurden die Fische ebenfalls individuell markiert, über Distanzen von 150-400 m transloziert und mit Hilfe von Elektrobefischungen wiederholt gefangen. Dabei sollte festgestellt werden, welche der Faktoren (Fischlänge, Translokatonsrichtung, Translokationsdistanz und Jahreszeit) einen Einfluss auf das Mikrohoming ausüben. Nach der Translokation sind 27.1 % der Bachforellen und 38.2 % der Alet zurückgekehrt. Mit zunehmender Körperlänge der Bachforellen nahm auch die Wahrscheinlichkeit erfolgreichen Mikrohomings zu, sowie die Wahrscheinlichkeit einer schnelleren Rückkehr. Bei den Alet konnten keine Einflüsse der untersuchten Faktoren auf das Mikrohoming und die Geschwindigkeit der Rückkehr festgestellt werden. Auch konnten Unterschiede in der Habitatnutzung von juvenilen und adulten Bachforellen festgestellt werden. Adulte Bachforellen halten sich bevorzugt in tieferen Wasserzonen auf (z.B. Kolken), während sich juvenile Forellen in seichteren Wasserzonen und anderen hydraulischen Habitaten wie Gildes und Riffles aufhalten.
Generell war von Interesse, wie sich Bachforellen und Alet nach einer Translokation verhalten und ob sie ein Mikrohoming zeigen. Beide Arten sind relativ stark ortsgebunden und ein grosser Anteil beider Arten kehrt an die ursprünglich besetzte Position zurück. Beide Arten sind sehr wohl in der Lage, nach einer Translokation zurückzukehren.
Bei Translokationsexperimenten zwecks Funktionsüberprüfung von Rampen kann nun ungefähr abgeschätzt werden, in welchem Ausmass eine Rückkehr der Fische zu erwarten ist. Faktoren, die eine Rückkehr beeinflussen, könnten die Interpretation von Rampenexperimenten erschweren. Deshalb sollte zumindest der Einfluss der Körperlänge der zu untersuchenden Art ermittelt und bei der Interpretation der Resultate miteinbezogen werden.