Broggi, M. F. (1999). Ist Wildnis schön und "nützlich"? In W. Konold, R. Böcker, & U. Hampicke (Eds.), Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege (p. (7 pp.). https://doi.org/10.1002/9783527678471.hbnl1999027
Der Mensch nimmt seine Umwelt als eine Kombination von Sinneseindrücken wahr. Es ist ein Gesamterlebnis, in dem die Einzelelemente zu einem inneren Bild zusammengefügt werden. Der wichtigste Sinn scheint dabei das Sehen zu sein, während die anderen Sinne, wohl häufig zu unrecht, unterbewertet werden oder auf einer unbewußten Ebene Einfluß nehmen. Ästhetik ist die Lehre von den sinnlichen Wahrnehmungen und Empfindungen, also auch die Lehre von der Gesetzmäßigkeit und Harmonie in Natur und Kunst. Die damit verbundene sinnliche Wahrnehmung beinhaltet grundsätzlich einen objektiven Anteil, der vom Wahrnehmungsgegenstand abhängt, und einen subjektiven Anteil, der von Assoziationen, Empfindungen und Bewertungen des Wahrnehmenden geprägt ist. Das Wahrgenommene, so hat es BORGEEST 1977 formuliert, ist nicht die Realität, sondern eine Mischung aus Gegebenem, Erinnertem und Erwartetem (WÖBSE 1995). Der Mensch ist ein empfänglicher wie auch prägender Teil der Landschaft. Wir stehen mit ihr in einem ständigen Dialog. Das äußere Bild erzeugt eine innere Resonanz, die wieder in Stimmungen und Gefühlen und letztlich in Handlungen mündet. Diese Beziehung zwischen Mensch und Landschaft kann abstoßend, z.B. durch Lärm, Gestank, Eintönigkeit, oder anziehend sein. Landschaft als ästhetisches Phänomen umfaßt dabei alle Stadien und Grade von der einfachen spontanen Landschaftserfahrung über vergeistigte Beobachtung bis zum eigenen schöpferischen Umgang mit der Umwelt. Landschaft spricht nicht nur das menschliche Schönheitsempfinden an, sondern auch Heimatgefühle und den Wunsch nach lokaler Identität (NOHL 1996).