Forrester, D. I., Trotsiuk, V., & Mathys, A. S. (2020). 3-PG: ein physiologisches Waldwachstumsmodell. Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 171(3), 158-164. https://doi.org/10.3188/szf.2020.0158
Ertragstafeln waren die ersten Waldwachstumsmodelle, die in Europa entwickelt wurden. Diese empirischen Modelle sind für die Anwendung unter zukünftigen klimatischen Bedingungen, für Mischbestände oder für die Abschätzung der Effekte neuer waldbaulicher Systeme ungeeignet. In den letzten Jahrzehnten wurden zunehmend Alternativen zu Ertragstafeln entwickelt, unter anderem prozessbasierte Modelle, die auch Zustände ausserhalb der Beobachtungsdaten abbilden können. Solche Modelle berücksichtigen Wachstumsdaten, aber ihre Formulierungen basieren meist auf physiologischen und allometrischen Prinzipien des Pflanzenwachstums. Zu dieser Modellfamilie gehört 3-PG (Physiological Processes Predicting Growth), das in Australien und Nordamerika für gleichaltrige Reinbestände von immergrünen Laub- und Nadelbäumen entwickelt wurde. In einer kürzlich erfolgten Weiterentwicklung (Version 3-PGmix) können auch Wechselwirkungen zwischen Bäumen verschiedener Grösse, verschiedenen Alters und verschiedener Arten simuliert werden. Der Artikel beschreibt das Modell, das aus sechs Untermodellen besteht und trotz seiner physiologischen Grundlagen Kenngrössen liefert, die für die praktische Forstwirtschaft von grosser Bedeutung sind. Zwei Beispiele von Anwendungen von 3-PG für die Schweiz werden vorgestellt. Im ersten Beispiel wird die Veränderung des Wachstums in Mischbeständen aus Waldföhre (Pinus sylvestris) und Buche (Fagus sylvatica) aufgrund des Klimawandels dargestellt. Dabei wird gezeigt, dass das Wachstum der Buche durch erhöhte Trockenheit wesentlich stärker eingeschränkt wird als jenes der Waldföhre, die zwar ebenfalls durch die Trockenheit stärker limitiert wird, aber gleichzeitig vom geringeren Konkurrenzdruck durch die Buche profitiert. Im zweiten Beispiel wird 3-PG angewendet, um den klimatischen Stress für die Buche als Funktion der Standorteigenschaften schweizweit zu quantifizieren. Beide Beispiele zeigen, dass 3-PG standortspezifische Informationen liefert, wie die Waldwachstumsdynamik durch Klima, Artenzusammensetzung und Waldbau beeinflusst wird.